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Liebe gegen den Terror

Autor Veit Lindau
Datum 15 Jan 2016
Paris: Liebe gegen den Terror

Heute möchte ich mit dir den Brief einer Frau teilen, die bei den Attentaten in Paris ihren Liebsten verlor. Ich möchte gar nicht so viel dazu sagen. Ihre Worte sprechen für sich.

Heute möchte ich mit dir den Brief einer Frau teilen, die bei den Attentaten in Paris ihren Liebsten verlor. Sie ist Part unserer Community human trust. Aus Rücksicht auf ihre Privatsphäre veröffentlichen wir nicht ihren Namen. Ich möchte gar nicht so viel dazu sagen. Ihre Worte sprechen für sich. Nur soviel: Berichte solcher, realer, verletzbarer, normaler und gleichzeitig so mutiger und starker Menschen lassen mich an uns alle glauben.

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Liebe gegen den Terror

Kein Jahr in meinem Leben habe ich bisher so intensiv gelebt wie dieses #Opus2015. Circa zwei Drittel meiner Zeit hier auf Erden sind nun vorbei und ich habe das Gefühl erst vor einem Jahr dank der Impulse des human trust bewusst meinen ganz eigenen Lebensentwurf gewählt zu haben – nicht mehr gelebt zu werden oder in dem der anderen nur irgendwie mit zu schwimmen. Neben all den wunder-vollen Charakteren um mich herum war dabei der stärkste Freund an meiner Seite ich selber und diese Erkenntnis hat mir einen Heiratsantrag von mir selbst eingebracht, den ich mit einem Grinsen angenommen habe.

Ein anderer dieser so wichtigen Menschen, die dieses vergangene Jahr mit am meisten geprägt haben und mich wieder und wieder haben wachsen lassen, war derjenige, den ich durch das „Training“ in LoveRevolution „angezogen“ habe: Dieser Mann hat mich angesehen, wie mich selten jemand angesehen hat, mir eine Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit, Neugierde und Ehrlichkeit entgegengebracht, die ich lange vermisst habe. Er hat mich herausgefordert, zum weiteren Nachdenken gebracht und mich nicht selten aus meiner Komfortzone geschubst. Er war ein faszinierender, facettenreicher und teils auch erbarmungsloser Mensch und ihm und seinem Gedenken möchte ich diesen Beitrag widmen.

Dieser einzigartige Mensch wurde bei den Anschlägen in Paris vor zwei Monaten am 13.11.2015 neben den 129 anderen Todesopfern brutal erschossen und ich möchte durch die Erfahrungen, die ich durch diesen Verlust hatte und habe, euch allen einen weiteren „handfesten“ und sehr aktuellen Anstoß geben, jedes Mal, wenn ihr das Gefühl habt, den Verstand und das Vertrauen in eure Nächsten, in euch und in diese oder eine andere Gesellschaft zu verlieren, kurz innezuhalten und in euch zu gehen, bzw. viel mehr aus und über euch hinaus! In absolut ehrlicher Demut und erbarmungsloser Dankbarkeit die Größe zu suchen, in der Wut und im inneren Unverständnis die Toleranz und Güte für diese -eben auch „nur“- Menschen zu FINDEN. Das habe ich oft gesucht und gefunden in den letzten Wochen- auch wenn das angesichts der Härte und „außer-menschlichen“ Brutalität, mit der der IS gegen die westliche Welt vorgeht, vielleicht erstmal unbegreiflich sein mag für jeden, der nicht in mich hineinsehen kann.

Es ist nicht so leicht, darüber zu schreiben; dennoch ist es mir sehr wichtig, mit allen zu teilen, die das hier lesen möchten, wie wichtig das Vertrauen in die Menschen ist, sie nicht aufzugeben. Gebt uns nicht auf! Besonders in der intensiven Zeit nach seiner Ermordung habe ich einen so großen Zusammenhalt, eine teils un-fass-bare Anteilnahme und Größe der menschlichen Seele erlebt- in meinen Freunden, in meiner Familie, in der Gesellschaft, allgemein in dem Leben, das mir begegnet ist. Ich war mittendrin und bei mir liefen einige der Fäden zusammen zwischen seinen Freunden, Kollegen und eben seiner Familie. Das heißt, ich habe den absoluten Kern von Zusammenhalt erlebt; die Liebe und Fürsorge und Achtsamkeit, die mir entgegengebracht wurde, war überwältigend. Selbst in seinem Weggehen zeigte sich nochmal die Vielfalt seiner Begegnungen, also unser aller Vielfalt- er hat uns vereint und auch aus mir selbst „zum Schluss“ wieder und wieder Eigenschaften und Taten herausgefordert, die mich auch jetzt im Nachbeben immer noch weiter wachsen lassen.

Dieses Gefühl, seine eigene, ehrliche und liebevolle Sicht auf diesen einen Menschen, den man so in sein Herz gelassen hat, für andere in seinem Nachruf beschreiben zu dürfen und von so vielen Seiten so eine Zustimmung und noch größere Dankbarkeit entgegengebracht zu bekommen, ist etwas, das ich mein Leben nicht vergessen werde. Der Islamische Staat hat dieser Welt einen einzigartigen Menschen mehr genommen- jedoch mir in der Wut auf diese Ungerechtigkeit den Mut (ja, die „Schattenprinzipien“ nach Herrn Dahlke) gegeben, weiter zu machen; und noch viel mehr: KEINE ANGST zu haben, das Vertrauen in die Menschheit zu behalten und sogar noch zu vertiefen, VERGEBUNG zu üben und in der Liebe die stärkste Waffe zu sehen! Alles einzusetzen, was ich kann und bin, um den Frieden nicht nur wachsen zu sehen, sondern ihn AKTIV herbeizuführen. Ganz im Ernst!

Sich zu öffnen für die Themen, die diese Brutalität in unsere Gesellschaft gebracht hat und sich ganz ehrlich und erbarmungslos zu fragen: In wie weit könnten sie, die Dschihadisten, vielleicht Recht haben in ihren Bedürfnissen? Was läuft schief, wenn Minderjährige in einer so grandiosen und atmosphärischen Stadt wie Paris mit Maschinengewehren aus Transportern springen und alles niedermetzeln, was ihnen vor den Abschuss kommt, mit der Intention diese „Brutstätte der Laster und Sünde“ auszulöschen? Ich kenne die Historie der westlichen „Gemeinschaft“ mittlerweile ziemlich gut, viele der religiösen Metzeleien und Kreuzzüge und beschäftige mich schon seit Jahren mit den Auswirkungen von Krieg und Frieden im kollektiven Gedächtnis der verschiedenen Gesellschaften.

Ich kenne grundsätzlich die verschiedenen Ethikwerte und kriege die gesellschaftlichen, sozialen Herausforderungen mit, die uns bevorstehen. Und daher weiß ich nochmal mehr meine und auch seine Werte bestätigt und daher sage ich nochmal deutlicher: LIEBE und besonders GÜTE ist die STÄRKSTE Waffe, die wir meiner ganz persönlichen Meinung nach gegen den Terrorismus haben. Sie muss „nur noch“ gesellschaftsfähig werden- indem jeder und jede EinzelneR endlich verdammt noch mal anfängt, ehrlich zu sich zu sein, Seiten an sich zu suchen, die er feiern kann, jeden neuen Tag liebevoll und mit immer weniger Härte und Unerbittlichkeit mit sich umgeht und die Größe entwickelt, genau SO seinen Nächsten zu behandeln und wert zu schätzen!

Es geht nur mit dem Vertrauen in die Menschheit, in die Menschen, in deinen Nachbarn, in deine Lieben und die Verhassten, in dich selbst. Wir müssen Wege FINDEN, wie wir unsere Liebe und Sehnsucht nach Güte, die JEDE/R von uns in sich trägt, als Werkzeuge einsetzen können, damit selbst eine schwarze Masse voller solch verirrter Seelen irgendwann nach Hause findet.

Es ist Zeit!

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